Kunst von geflüchteten Frauen: "Malen hat mir eine Stimme gegeben"

Kunst öffnet und verbindet Menschen - und erlaubt ihnen, ihre eigene Welt auch nonverbal zu kommunizieren. Im Stadtschloss Fulda wurde am Freitagabend eine Ausstellung von geflüchteten jungen Frauen eröffnet, die inzwischen in der Barockstadt heimisch sind und mit ihren Bildern ungewohnte Perspektiven eröffnen.

"Heile Welt" ist das gemeinsame Thema der Ausstellung, die noch bis zum Freitag, 19. Januar, in der Galerie vor den Spiegelsälen zu sehen ist - und doch dröhnen neben optimistischen Selbstporträts Kampfflieger durch die idyllische Landschaft, doch steht ein verlorenes Ich mit ausgestreckten Armen auf nachtschwarzer Leinwand. "Das Malprojekt hatte zwar keinen therapeutischen Zweck, aber künstlerische Betätigung kann die Seele öffnen und das Selbstbild stärken. Vieles ist natürlich Reflexion der jüngsten Vergangenheit, der ungewissen Reise nach Deutschland, der kulturellen Wurzeln, aber auch der Freude über die neue Zukunft in einer friedlichen offenen Gesellschaft", erklärt Künstlerin Christine Hartmann, in deren Harmerzer "Atelier14" die Werke in den letzten Monaten entstanden sind.

"Es ist wichtig, ein öffentliches Signal zu setzen dafür, wieviel Gutes in den letzten Jahren der Flüchtlingsarbeit auf den Weg gebracht worden ist. Anfangs musste es darum gehen, die grundlegenden Bedürfnisse wie Unterkunft, Kleidung und Lebensmittel zu gewährleisten. Erst danach hat die eigentliche große Aufgabe begonnen: Brücken bauen, zueinander finden, eine echte Gemeinschaft bilden. Dafür ist Kunst bestens geeignet: Sie schafft spielerisch einfach eine Verständigungsgrundlage, sie erlaubt es, gemeinsame Werte unkompliziert auszudrücken", erklärt Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (CDU) zur Eröffnung.

32 Werke von 12 jungen Frauen aus sechs verschiedenen Ländern sind ausgestellt. Die 17-jährige Yosra Zarioh Farss, die vor zwei Jahren mit ihrer Familie aus Teneriffa nach Deutschland gekommen ist, hat sich für eine leuchtende Küstenlandschaft ihrer Heimat entschieden. In Spanien wollte sie Medizin studieren. Auf Kniehöhe hängt ihr Werk "Du", das mit abstraktem Pinselstrich Themen wie Alterität und Mentalität behandelt. Farss lächelt: "Das ist das, was ich denke, wenn ich mit bestimmten Menschen Kontakt habe." Die Schwestern Tuba (19) und Fariba (17) Alizai aus dem Iran, die seit eineinhalb Jahren in Fulda sind und an Richard-Müller-Schule und Domschule für ihren Abschluss büffeln, haben sich neben farbenfrohen Tierdarstellungen für Selbstporträts entschieden, die Zuversicht ausstrahlen. Das Bild eines heulenden Wolfs im Mondenschein symbolisiert für die junge Afghanin Khujistah Sirat, die seit zwei Jahren in Fulda lebt, den Ausgang aus der eigenen Sprachlosigkeit: "Das Malen hat mir eine Stimme gegeben", erklärt die zierliche Frau, die im Oktober dieses Jahres ihr Master-Studium Interkulturelle Kommunikation und Europastudien an der Hochschule Fulda begonnen hat.

Kreuzkirche Fulda, Diakonie und Caritas fungieren als Kooperationspartner der Aktion und hatten im Vorfeld um Teilnehmer geworben. Bundesmittel wurden über das Paritätische Bildungswerk vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erworben. Jürgen Stock, Fachbereichsleiter für Arbeit und Soziales im Landkreis Fulda, hatte das Projekt, das bundesweit unter dem Namen "Frauen iD" läuft, für die Region angestoßen.

(Quelle: Osthessen-News v. 10.12.2017 / Text: Marius Auth)